Im Porträt: Hauschka

KöpfeMusik
Im März 2023 gewann Hauschka alias Volker Bertelmann den Oscar. Ausgezeichnet wurde seine Filmmusik für „Im Westen nichts Neues“.

Im eigenen Land gilt der Prophet nicht viel. Volker Bertelmann weiß das nur zu gut. Unter dem Pseudonym Hauschka hat er die halbe Welt betourt, in seiner Heimat Düsseldorf spielt er dagegen nur selten. Etwa im „Salon des Amateurs“, in dem er eines seiner Alben vorstellte. Und auch wenn der Club im Bauch der Kunsthalle nicht mehr ganz so hip sein mag wie zu Anfangstagen – als musikalisches Labor ist er in Düsseldorf immer noch einzigartig.

Ich bin froh, dass ich in Düsseldorf wohne und wünsche mir, dass noch viele tolle Musik von hier woanders zu hören ist.
Hauschka

Auf „Salon des Amateurs“ kehrt Hauschka zu dem Sound zurück, der ihn bekannt gemacht hat. Im Vordergrund steht das präparierte Klavier. Bertelmann manipuliert sein Instrument so, dass es zum Teil gar nicht mehr nach Piano klingt, sondern nach Percussion – oder wie ein elektronisches Instrument. Die Technik klingt komplizierter, als sie ist. Eigentlich bedeutet „präpariert“ nur, dass Bertelmann sich mit Alltagsgegenständen behilft. Er klemmt Butterbrotpapier zwischen die Saiten, legt Radiergummis und Kronkorken darauf, manchmal kippt er sogar eine Tüte voller Tischtennisbälle ins Piano. Diese Eingriffe stoßen nicht immer auf Gegenliebe. Das Konzert beim renommierten „South by Southwest“-Festival in den USA wäre an Bertelmanns Experimentierfreudigkeit beinahe gescheitert. Der Auftritt sollte in einer Kirche stattfinden, der Kantor hatte Angst, Hauschka würde den Flügel beschädigen. Erst nach zähen Verhandlungen durfte der Künstler loslegen.

Wer das manipulierte Klavier für Avantgarde-Schnickschnack hält, irrt. Die Soundeffekte sind wohldurchdacht. Das Butterbrotpapier erzeugt ein Knistern wie bei einem alten Film, die abgeklemmten Saiten lassen das Klavier manchmal wie ein Schlagzeug klingen. Zugegeben, einen gewissen Show-Wert haben manche Aktionen schon, besonders das Einkippen der Tischtennisbälle. Und doch merkt man Volker Bertelmann an, dass er nicht als Effekthascher gelten will. Auf der Platte „Foreign Landscapes“, 2010 erschienen, hat er das präparierte Piano nur sehr sparsam eingesetzt. Mit seinen Vorgängern hatte das Album nicht viel zu tun. Eigentlich war es kein Pop mehr, eher Kammermusik.

Der Wille zur musikalischen Veränderung zieht sich durch Bertelmanns gesamte Biografie. Von Jazz einmal abgesehen, hat er so ziemlich jede Musikrichtung schon einmal gestreift. Seine ersten Kompositionen konnte man in der TV-Serie „Ein Fall für zwei“ hören, das ist inzwischen ein Vierteljahrhundert her. In den 90er Jahren spielte Bertelmann in einer Indie-Band mit dem Namen God’s Favorite Dog. Unter den Pseudonymen „Music. A.M.“ und „Tonetraeger“ kamen später elektronische Alben und Clubsounds hinzu. Spuren dieser digitalen Zeit kann man noch heute erkennen. An manchen Stellen klingt Hauschkas präpariertes Klavier wie ein vorprogrammierter Loop (in interessanter Umkehrung des Prinzips, wonach elektronische Instrumente „echte“ imitieren).

Für seine Musik hat Bertelmann viel Zuspruch erhalten, insbesondere im Ausland. Das äußert sich auch in seinem Plattenvertrag. Wie die nach Berlin abgewanderten rheinischen Kollegen von Mouse on Mars hat Hauschka bei einem englischen Label unterschrieben – seine Musik erscheint bei Fat Cat in Brighton. Auf seine Heimatstadt lässt der Künstler trotzdem nichts kommen: „Ich bin froh, dass ich in Düsseldorf wohne und wünsche mir, dass noch viele tolle Musik von hier woanders zu hören ist“.

Film
Unsere Besprechung des Films „Im Westen nichts Neues“ findet Ihr hier
Die Neuverfilmung von „Im Westen nichts Neues“ hat nach sieben Preisen bei den British Academy Film Awards nun auch noch vier Academy Awards erhalten.

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