Kompakt – das Kölner Plattenlabel für elektronische Musik

Musik
Am Anfang war Delirium. So hieß der Kölner Plattenladen zunächst, weil er als Ableger des gleichnamigen Frankfurter Underground-Techno-Franchise-Unternehmens begann. Eröffnet wurde er 1993 von einer Gruppe von Künstlern, Produzenten und DJs, die im Techno-Universum kreisten. Dass sie den Laden später in Kompakt umbenennen, hat viele Gründe. Einer davon lautet: Köln ist eine Insel. Zumindest, was Techno angeht.

Bei allen Berührungspunkten mit der internationalen Musikszene hat sich in Köln ein eigener Stil entwickelt. Was Magazine bereits in den 90er Jahren als „Sound of Cologne" bezeichneten, geht zu einem Gutteil auf das Konto von Wolfgang Voigt, neben Jürgen Paape und Michael Mayer heute noch Betreiber von Kompakt. Er steht auf Minimal Techno - Klänge für den Gentleman statt für den Ballermann. Als die Drei den Laden 1998 Kompakt nennen, gründen sie gleich noch das gleichnamige Label. Schon früher veröffentlichte Voigt seine Musik selbst; fast scheint es so, als hätte Voigt eine Zeitlang zu jedem neuen Künstlerpseudonym gleich auch noch ein Label gegründet. Und irgendwann brauchte es dann ein richtiges Dach: Kompakt.

Die Firma spezialisiert sich auf neuartige Sounds, die durchaus polarisieren sollen. Minimal Techno und Ambient bilden den Kern. Später weiten die Macher ihr Programm aus: Es finden sich abstrakt-experimentelle Stücke ebenso wie tanzbare Elektronik. T. Raumschmiere gibt mit der „Boltzplatz“-EP Knarztechno zum Besten, Ex-Fischmob-Rapper DJ Koze veröffentlicht Remix-Alben, und Justus Köhncke, Mitglied des House-Trios Whirlpool Productions, darf sogar Schlagertechno bei Kompakt unterbringen. International bekannte Namen wie GusGus oder The Orb sind ebenso vertreten wie diejenigen, die den Sound of Cologne weiterentwickeln, etwa Popnoname und The Modernist.

Und unter ihren zahlreichen Synonymen von Supermayer bis GAS veröffentlichen sich die Labelbetreiber nach wie vor selbst. Mit Techno kann man in Würde altern, soll Voigt hin und wieder sagen. Einen Überblick  über die neuesten Strömungen haben die Labelmacher nicht nur im Büro. Michael Mayer veranstaltet zusammen mit Tobias Thomas und Superpitcher seit 1998 die Partyreihe „Total Confusion“. Zunächst im Studio 672, seit Ende 2006 im Bogen 2, kann er als DJ dort jeden Monat beobachten, was Clubgänger goutieren.

Köpfe
Hans Nieswandt gehört zu dem erlauchten Kreis, der den „Sound of Cologne“ geprägt hat. Dabei ist er streng genommen das, was die Kölschen Frohnaturen „Immi“ nennen: ein Zugereister. 1964 in Mannheim geboren, schlägt Nieswandt erst über den Umweg Hamburg in Köln auf. Nur um sich von dort aus als DJ in aller Welt buchen zu lassen.

Techno-Nerds und DJs stecken ihre Penunzen auch in Platten, die Kompakt für andere Labels vertreibt - etwa von D Records aus Detroit, Manual aus Rotterdam oder Mule Electronic aus Tokio. Dieser Import ist keine Einbahnstraße: An die Herkunftsorte schickt Kompakt wiederum selbst Musiker für Auftritte und DJ-Sets, seit die Firma auch als Künstleragentur fungiert. Irgendetwas muss das Ganze ja nun zusammenhalten. Musikalische Klammer und gleichzeitig Aushängeschild für Kompakt sind die Compilations, mit denen das Label die wichtigsten Veröffentlichungen zusammenfasst.

Schon das Design der Reihe „Total“ zeigt auf einen Blick: Hier kommt Kölner Kompakt-Sound. Jedes Cover ist auf zehn mal zehn Punkte aufgeteilt, manche unsichtbar, manche blass, andere kräftig, die meisten nah an der Grundfarbe, wenige im Kontrast. Mit Farben arbeitet das Label auch bei diversen Serien: Die Freiland-Veröffentlichungen etwa sind jeweils monochrom blau, rot, silber, grün, gelb und schwarz. Und erschienen selbstverständlich auf Vinyl.

Schallplatten sind schließlich Arbeitsmaterial für DJs, die dem perfekten Mix nachjagen. Allerdings drängen inzwischen immer mehr Laptops auf die Kanzel - die Software macht's möglich. Kompakt unterhält deshalb auch einen MP3-Shop. Die charakteristische Cover-Optik geht digital natürlich flöten.

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